22. Juli 2019
Pressemitteilung
LAG

Das Jahr 2018 – rheinland-pfälzische Frauennotrufe ziehen Bilanz

Die Aufschrei-Kampagne 2013 und die Kölner Silvesternacht 2015 haben Alltagssexismus sichtbar gemacht - mit #MeToo ist die Debatte endgültig in Deutschland angekommen und fokussiert und skandalisiert sexualisierte Männergewalt. „Die Kampagnen und Debatten machen damit einmal mehr den gesellschaftlichen Zusammenhang von sexualisierter Gewalt gegen Frauen und Mädchen deutlich“ fasst Anette Diehl vom Frauennotruf Mainz zusammen.

Die rheinland-pfälzischen Fachstellen zum Thema sexualisierte Gewalt sind inhaltlich und organisatorisch vernetzt. Das übergeordnete Ziel: die Verbesserung der sozialen und rechtlichen Situation betroffener Frauen und Mädchen sowie ihre Stärkung.

Neben der individuellen Unterstützung von betroffenen Frauen und Mädchen, Bezugspersonen und Fachkräften sind daher sowohl die Prävention als auch die politische Arbeit wesentliche Arbeitsschwerpunkte. Die Frauennotrufe holen das Thema Sexualisierte Gewalt aus der Tabuzone und ins gesellschaftliche Bewusstsein und klären über die dahinter stehenden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auf: das in unserer noch immer patriarchalischen Gesellschaft tief verwurzelte Macht(ungleich)verhältnis von Männern gegenüber Frauen.

Das kennzeichnet auch die Grundhaltung der Fachberatungsstellen im Bezug auf die Unterstützungsarbeit: Die frauenfeindlichen Strukturen der Gesellschaft werden als ursächlich für Gewalt gegen Frauen begriffen und die oft gravierenden psychischen Folgen als Bewältigungsstrategien des Erlebten betrachtet, ohne die Frau oder das Mädchen zu pathologisieren. „Unterstützung-Suchende äußern immer wieder, dass sie aufgrund der politischen Positionierung der Frauennotrufe in der Öffentlichkeit Vertrauen gefasst haben, sich wegen sexualisierter Gewalt genau hier Unterstützung zu holen“, beschreibt Jaqueline Bröhl vom Frauennotruf Koblenz das Alleinstellungsmerkmal der Einrichtungen.

Die Zahlen der Unterstützungsarbeit, die den Schwerpunkt in dem jetzt veröffentlichten Bericht 2018 der Landesarbeitsgemeinschaft bilden, sind gleichbleibend hoch: rund 2.300 betroffene Frauen und Mädchen, Bezugspersonen und Fachkräfte wandten sich an einen Frauennotruf – das sind knapp 15% mehr als im Vorjahr. Zusammen haben sie über 6.200 Beratungen in Anspruch genommen.

Die größte Gruppe der Unterstützungsuchenden sind weiterhin gewaltbetroffene Frauen und Mädchen: 1.237 Frauen und Mädchen haben 4.460 Beratungen erhalten.

Frauen und Mädchen sind besonders von ungerechter Verteilung gesellschaftlicher Ressourcen betroffen – und das beeinflusst viele Beratungsprozesse erheblich. „Wenn beispielsweise die Existenz einer Frau nicht gesichert ist, behindert dies massiv die Stabilisierung nach erlebter sexualisierter Gewalt“, erläutert Eva Jochmann vom Frauennotruf Mainz. Parallel zur psychischen Stabilisierung der betroffenen Frauen waren immer wieder umfassendere Problemlagen zu berücksichtigen und entsprechende Unterstützungsmöglichkeiten zu eröffnen. „Erst wenn im Außen Sicherheit erlebt wird, können innere Sicherheit und psychische Stabilität entstehen“, sind sich die Fachfrauen einig.

Neben der Unterstützungsarbeit haben die Fachstellen zum Thema sexualisierte Gewalt im Jahr 2018 landesweit 183 Präventionsveranstaltungen durchgeführt. Zielgruppen waren Mädchen und Jungen, Mütter und Väter sowie erwachsene Frauen.

In weiteren 69 Fachvorträgen und 81 Fortbildungsveranstaltungen wandten sich die Frauennotrufe an Fachkräfte aus unterschiedlichen Sparten: z.B. Lehrkräfte, Führungskräfte, medizinische Fach- und Pflegekräfte, Sprachmittler*innen.

„Mit der stetig steigenden Nachfrage sowohl im Bereich der Unterstützung als auch im präventiven und politischen Bereich sind die Frauennotrufe am Limit ihrer Kapazitäten angekommen“, beschreiben die Notrufmitarbeiterinnen die Situation der Fachstellen im Land. „Die sogenannte Istanbul Konvention fordert, dass ausreichend spezialisierte Hilfen zur Verfügung stehen müssen – wir hoffen, dass sich das auch positiv auf unsere finanziellen und damit personellen Kapazitäten auswirkt.“

 

Verantwortlich:

Jaqueline Bröhl, Frauennotruf Koblenz,

Franziska Godlewsky, Frauennotruf Koblenz,

Tel.: 0261-35000; mail [at] frauennotruf-koblenz.de

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