Jeder sexueller Übergriff ist eine Persönlichkeitsverletzung und jede Frau reagiert darauf unterschiedlich. Viele Frauen, die zu uns in die Beratung kommen, zweifeln an ihrem Verhalten. Viele Frauen glauben, dass sie sich falsch verhalten haben, dass sie sich gar nicht oder zu wenig gewehrt oder dass sie das übergriffige Verhalten provoziert haben.
Sie sind mit diesen Gedanken nicht allein.
Oft verstärken Verwandte und Freunde diese Gefühle, indem sie Sie fragen, warum Sie nicht gegangen sind, warum Sie nicht um Hilfe geschrien oder andere Dinge gemacht haben. All diese Zweifel, Fragen und Vorwürfe nehmen dem Täter Verantwortung ab. Dabei trägt er sie ganz allein!
Kein Verhalten eines Mädchen oder einer Frau rechtfertigt sexuelle Übergriffe!
Kein Verhalten in solch einer Situation ist falsch! Es gibt nur instinktive Reaktionen und Schutzmechanismen auf eine extrem bedrohliche Situation und diese Reaktionen sehen von Frau zu Frau ganz unterschiedlich aus.
Auch nach dem Erlebnis gibt es kein typisches Verhalten. Die meisten Frauen durchleben eine Zeit der Desorientierung. Sie versuchen, das Geschehene zu begreifen und die Kontrolle über ihr Leben wiederzuerlangen. Sie schämen sich, fühlen sich erniedrigt und haben Angst darüber zu reden. Manche Frauen können erst Jahre oder Jahrzehnte nach ihren Erlebnissen (in der Kindheit) darüber sprechen.
Vielen Frauen gelingt der Versuch in den Alltag zurückzukehren nur teilweise oder gar nicht. Manche leiden über Monate und Jahre hinweg an den Folgen. Diese Folgen und psychischen Symptome sind vielfältig.
Für unsere Beratung gilt: Es kommt überhaupt nicht darauf an, wie lange das Ereignis zurückliegt, ob Sie anzeigt haben oder nicht. Sie haben jederzeit das Recht auf Hilfe und Unterstützung.
In unserer Beratung sortieren wir gemeinsamen Ihre Wünsche, Ängste, Vorstellungen und Gefühle, um Sie auf Ihrem individuellen Weg zu unterstützen.
Was kann ich tun?
Zum Beispiel:
- Mit einer Vertrauensperson (z.B. Freundin) über Ihre Gefühle sprechen
- Aufsuchen einer Fachberatungsstelle, die bei der Suche nach dem individuell geeigneten Weg behilflich sein kann.
- Kontakt zu Frauen, die ähnliche Erfahrungen machen mussten, z.B. in einer Selbsthilfegruppe.
- Eine erfahrene Therapeut*in suchen, bei der/dem Sie sich gut aufgehoben fühlen. Bei dieser Suche können wir Sie unterstützen.
- Ihre Ängste und Sorgen aufschreiben.
- Eine „Notfallbox“ einrichten, mit Gegenständen die positive Gefühle bei Ihnen auslösen, zum Beispiel Fotos, Musik etc.
- Sport machen und/oder Spazieren gehen. Den Kopf freimachen durch Bewegung.
Frauen 60+
Viele Frauen hoffen ihr Leben lang, dass im Alter die Bedrohung durch sexualisierte Gewalterfahrungen vorbei ist. Umso schwerer fällt es älteren und alten Frauen dann, über aktuelle sexuelle Übergriffe zu sprechen. Die Angst, dass keiner das Unglaubliche glauben kann und sie nicht ernst genommen werden ist sehr groß.
Auch zurückliegende sexualisierte Gewalterfahrungen können mit zunehmendem Alter wieder stärker ins Bewusstsein treten. Wiederkehrende Erinnerungen an frühere (sexualisierte) Gewalterfahrungen werden nach Jahren wieder belastend.
Wenn belastende Erinnerungen zurückkehren, kann es hilfreich sein, wenn Sie mit Ihren Erinnerungen nicht alleine bleiben. Wir begleiten, beraten und unterstützen Sie, unabhängig davon, wie lange die Gewalterfahrung zurückliegt oder ob Sie aktuell sexualisierte Gewalt erlebt haben.
Frauen mit Beeinträchtigungen
Auch Frauen mit Behinderungen sind von sexuellen Übergriffen betroffen. Sie erleben öfter sexuelle Gewalt als Frauen ohne Behinderungen. Sexualisierte Gewalt betrifft ALLE.
Egal, welche Behinderung Sie haben: Wir begleiten, beraten und unterstützen Sie. Dabei ist es egal, wie lange die Gewalterfahrung zurückliegt oder ob Sie aktuell sexualisierte Gewalt erlebt haben. Sie entscheiden, worüber Sie sprechen wollen. Und wenn Sie möchten, können Sie gerne eine vertraute Person mitbringen.
Unsere Beratungsstelle hat einen Zugang für Rollstuhlfahrerinnen.
Wenn Sie gehörlos sind können Sie auch gerne unsere Onlineberatung nutzen und uns schreiben. Oder wir organisieren zusammen eine Übersetzerin für Gebärden-Sprache.
Weitere Infos:
Suse hilft - Frauen und Mädchen mit Behinderung stärken
Leichte Sprache: Was ist Gewalt?
Infos in Gebärdensprache
Frauen mit Migrationshintergrund
Weltweit erleben Frauen sexualisierte Gewalt – unabhängig von ihrem Herkunftsland, ihren kulturellen Wurzeln und ihrer Religion.
Aktuelle oder zurückliegende Gewalterfahrungen wie Vergewaltigung, sexueller Missbrauch, sexuelle Belästigung können Sie auch noch lange Zeit danach belasten. Während der Gewalttat fühlen sich die meisten Frauen ohnmächtig, hilflos und erleiden massive Ängste. Ist der Täter eine bekannte oder vertraute Person, entsteht durch die sexualisierte Gewalt ein schwerer Vertrauensverlust.
Darüber reden hilft. Wir begleiten, beraten und unterstützen Sie. Wenn Sie sich unsicher mit der Sprache fühlen, können wir eine Übersetzerin organisieren oder Sie bringen eine Vertrauensperson mit.
Selbsthilfegruppen
Sexualisierte Gewalt ist in unserer Gesellschaft nach wie vor ein sensibles und zumeist tabuisiertes Thema. Viele Betroffene wünschen sich jedoch einen sicheren Platz, um darüber zu sprechen. Der Frauennotruf Mainz bot bereits mehrmals Selbsthilfegruppen zu dem Thema Sexualisierte Gewalt an. Vergangene Selbsthilfegruppen zeigten, dass es helfen kann sich mit anderen Betroffenen auszutauschen, gegenseitig zu stützen und zu helfen, das Erlebte zu verarbeiten.
Wenn Sie erfahren wollen, welche Gruppen aktuell laufen oder in Planung sind, können Sie sich gerne an info [at] frauennotruf-mainz.de wenden oder bei uns anrufen: 06131 - 22 12 13.