25. Juli 2022
Pressemitteilung
LAG

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Der Frauennotruf Mainz blickt zurück auf das Jahr 2021 zu „it works! Wir unternehmen was. Gegen Sexualisierte Belästigung in der Arbeitswelt“


o.v.l.n.r.: Emma Leonhardt, Linda Kneib|u.v.l.n.r.: Anette Diehl, Sabine Wollstädter

Erst vor wenigen Wochen stellte der Frauennotruf Mainz seine Statistik aus 2021 vor. Nun beleuchtet die Fachstelle noch einmal die Entwicklung zum Thema Sexualisierte Belästigung in der Arbeitswelt im vergangenen Jahr und legt den großen Pressespiegel „Me Too + Make it Work = it works!“ für 2021 vor: Unter dem dynamischen Leitsatz „It works“ setzte sich der Frauennotruf Mainz auch im Jahr 2021 weiterhin ein für Respekt und Grenzachtung in Einrichtungen und Organisationen und mehr Einsatz gegen Sexualisierte Belästigung und sexistische Diskriminierung und Gewalt in der Arbeits- und Ausbildungswelt.

Was 2019 als Modellprojekt unter dem Titel „Make it work“ startete, wurde im August 2021 unter dem neuen Slogan „it works!“ mit den rheinland-pfälzischen Kolleginnen als Projekt verstetigt. Die Expertinnen der Frauennotrufe wandten sich bewusst vom Modellcharakter ab und hin zu standardisierten Beratungs- und Schulungsangeboten, die allen Institutionen offenstehen. „Wir arbeiten mit frischem Wind daran, die Erkenntnisse aus der Modellphase zu bündeln und zu verbreiten,“ so Anette Diehl vom Frauennotruf Mainz. Damit wurde die Fachstelle einer gestiegenen Nachfrage an Beratung zum Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz gerecht. Denn Sicherheit in der Arbeitswelt hat seit der Metoo-Bewegung gesellschaftlich an Bedeutung gewonnen. Das spiegelt sich auch in den Zahlen des Mainzer Frauennotrufs wider: 2021 haben 16 Betroffene, 9 Bezugspersonen und 36 Fachkräfte die Fachstelle zum Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz aufgesucht und sowohl zum Teil langfristige Begleitung als auch Beratungsgespräche und Informationsübermittlung in Anspruch genommen. „Die große Nachfrage verdeutlicht die Notwendigkeit für Aufklärungs- und Unterstützungsarbeit auf allen Ebenen,“ so die Mitarbeiterinnen.

Deshalb hat der Frauennotruf Mainz auch sein Präventionsangebot ausgebaut: Allein 15 Vorträge, Workshops und ganztägige Fortbildungen wurden 2021 zum Thema Sexuelle Belästigung im Bereich Arbeit und Ausbildung in Unternehmen, Einrichtungen und Organisationen durchgeführt. Geleitet wurden die Notruffrauen dabei stets von einem klaren Grundsatz: Die beste und wirkungsvollste Prävention Sexualisierter Diskriminierung und Belästigung am Arbeits- und Ausbildungsplatz sind betriebliche und institutionelle Maßnahmen, die verdeutlichen, dass die Thematik – insbesondere von der Leitungsebene - ernst genommen wird, dass Sexualisierte Übergriffe und sexistische Angriffe verboten sind. Dies muss als Top-Down-Strategie – von oben nach unten - umgesetzt werden und so die Kultur des Unternehmens prägen und alle mit einbeziehen.

Im Jahr 2021 lag außerdem ein besonderer Arbeitsschwerpunkt auf der Situation von Mädchen und jungen Frauen am Arbeitsplatz. „Auszubildende brauchen einen besonderen Schutz, weil sie von der Machtausübung am Arbeitsplatz sehr häufig betroffen sind und oft keine Möglichkeit haben, sich dagegen zur Wehr zu setzen“, weiß Emma Leonhardt, zuständig für die Mädchenarbeit beim Frauennotruf Mainz. Auf diese speziellen Schutzbedürfnisse ging die Fachstelle mithilfe von Schulungen für Auszubildende zum Umgang mit sexueller Diskriminierung am Arbeitsplatz ein, aber auch anhand von Seminaren mit FSJler*innen und einer Mädchen-Veranstaltung am Girls Day.

Ein weiteres Projekt hat das Jahr 2021 geprägt: „Besonders stolz sind wir darauf, was wir an den regionalen Hochschulen bewirken konnten,“ so Sabine Wollstädter, die im Frauennotruf für die Arbeit zum Thema an Hochschulen zuständig ist. An einem „Runden Tisch Hochschulen in Mainz“ hatte der Frauennotruf Mainz die Gleichstellungsbeauftragten der Mainzer Universitäten und (Fach)-Hochschulen versammelt, um ihnen geeignete Schutzkonzepte für Betroffene von Diskriminierung und Übergriffen am Arbeitsplatz näherzubringen. „Wir wissen bereits aus mehreren Studien, dass sexuelle Belästigung und sexualisierte Gewalt auch an Hochschulen stattfindet und dass in diesem Bereich vor allem rechtliche Schutzlücken bestehen. Hochschulen sind keine einfachen Arbeitsplätze, sondern ein vielfältiger Ausbildung- Lehr- und Forschungsort, bei dem Menschen mit unterschiedlichen Arbeitsverträgen und Positionen aufeinandertreffen“, erklärt Sabine Wollstädter.

In verschiedenen Bereichen konnte die Fachstelle so dem Ideal einer Arbeitswelt frei von Sexualisierter Belästigung und sexistischer Diskriminierung in Mainz ein Stück näherkommen mit Hilfe eines breit aufgestellten Konzeptes bestehend aus Präventionsveranstaltungen, Unterstützungsarbeit und politischem Engagement.

Auch im Jahr 2022 setzt sich der Frauennotruf Mainz weiter für diese Ziele ein. Anette Diehl weiß: „Was wir brauchen für eine Zukunft ohne sexualisierte Belästigung am Arbeitsplatz, sind konsequente gesetzlichen Rahmenbedingungen, stärkere Durchsetzung und ganz wichtig - ein größeres Bewusstsein in unserer Gesellschaft.“ Das habe die internationale Arbeitskonferenz bereits 2011 festgestellt. Essentiell, um das zu verwirklichen:  finanziell angemessen ausgestattete Institutionen, die das Thema im Fokus behalten.

Zum Hintergrund:

Der Frauennotruf Mainz beschäftigt sich bereits seit vielen Jahrzehnten mit dem Thema Sexualisierte Belästigung und sexistische Diskriminierung und Gewalt in der Arbeits- und Ausbildungswelt. Gemeinsam mit den Kolleginnen von den insgesamt 12 Fachstellen in Rheinland-Pfalz hat sich der Frauennotruf Mainz 2019 beim Projekt des Bundesverbandes der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff) „make it work!: Für einen Arbeitsplatz ohne sexuelle Diskriminierung, Belästigung und Gewalt“ beworben und wurde neben dem Frauennotruf Bielefeld eine von zwei Fokusregionen in Deutschland. Der bff, der fast 200 Fachstellen unter seinem Dach vereint, sollte innerhalb der vier Jahre (2019-2022) die Forderungen der globalen #MeToo-Bewegung nach einer gewaltfreien Arbeitskultur nachhaltig bundesweit durchsetzen. Vor diesem Hintergrund wurde das Modellprojekt in Rheinland-Pfalz flächendeckend ausgerollt. 2020 wurde dann das geplante Ende der Modellregion RLP wegen den Einschränkungen der Corona-Pandemie um ein Jahr verschoben auf August 2021. Nach Ende der Modellphase führt der Frauennotruf das Projekt weiter unter dem neuen Titel „It works!: Wir unternehmen was. Gegen Sexualisierte Belästigung in der Arbeitswelt".

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